Machen Sie sich auf zu den Menschen


Es war eine von diesen Veranstaltungen, die sich kaum in 100 oder 120 Zeitungszeilen wiedergeben lassen. Eine Sternstunde war er in jedem Fall, der Gründungs-Gottesdienst, mit dem die Pfarrei Heilig Geist am Taunus am vergangenen Sonntagnachmittag in der Pfarrkirche St. Katharina aus der Taufe gehoben wurde. Das lag nicht nur, aber doch nicht unwesentlich am „Stargast“, denn die Pfarrei hatte sich Bischof Georg Bätzing persönlich als Zelebranten für den Gottesdienst gewünscht - und damit Erfolg gehabt. Bätzing, der auch Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz ist, überzeugte nicht nur durch seine nahbare, authentische Art, er setzte auch ein deutliches Zeichen, dass es ihm ernst ist mit der Teilung von Leitungsverantwortung. So übergab es die Ernennungsurkunde, mit der Alexander Brückmann als Pfarrer der neuen Pfarrei eingesetzt wird, nicht nur diesem, sondern dem gesamten Pastoralteam und dem Vorstand des Pfarrgemeinderates mit den Worten: „Ich übertrage Ihnen die Leitung in dieser neuen Pfarrei“. Zuvor hatte Bätzing in seinen Begrüßungsworten angesprochen, dass er wisse, welch „erhebliche Zumutung“ es angesichts alter Traditionen und einer langen Geschichte zumindest einiger der bisherigen Pfarreien bedeutet habe, „dass der Bischof sie eingeladen hat - und das mit Nachdruck - eine der 47 neuen Pfarreien im Bistum Limburg zu bilden.“
Seine Predigt hielt Bätzing ganz wörtlich nicht „von oben herab“, vom üblichen Platz am Ambo, er nahm das Mikrofon in die Hand und begab sich mit den Menschen im mehr als vollbesetzten Kirchenraum regelrecht auf eine Stufe. Nachdem er zuvor schon das Leitungsteam aufgefordert hatte: „Machen Sie sich auf zu den Menschen, das ist mein Wunsch“, legte er mit Bezug auf den neuen Pfarrei-Namen allen Anwesenden ans Herz, auf den Heiligen Geist zu hören, „bevor Sie ins Handeln kommen, bevor sie Aktionen und Projekte starten. Er spricht in den Zeichen der Zeit, die wir zu deuten und auszulegen haben.“
Dass die Zeiten vorbei sind, „in denen Kirche groß und wichtig war“, sprach der Bischof ungeschminkt an. „Wir sind ein demütiges Gottesvolk geworden, hunderttausende verlassen uns jedes Jahr. Sie nicht“, sprach er die Gottesdienstteilnehmer an, und dankte ausdrücklich dafür in dem Wissen, „viele hätten Grund dazu angesichts des Skandals des Missbrauchs, dieser schrecklichen Verbrechen.“
Mit Bezug auf die Lesungstexte des Tages ermutigte er, sich wie die Exil-Israeliten in Babylon durch den Propheten Jesaja erinnern zu lassen, dass es nicht darum gehen kann, in Selbstmitleid zu verfallen oder Verlorenes zu restaurieren. Die Kirche des Gottesknechts, von dem Jesaja spricht, sei eine, „die nicht erwartet, dass Menschen zu ihr kommen, sondern die sich zu ihnen aufmacht.“ Der besondere Auftrag sei, „in diesen vier Kommunen Gott zu bezeugen“. Christen hätten „eine große Idee von dieser Welt: Sie soll nicht bleiben, wie sie ist“, Kriege, Ungerechtigkeit und Ausbeutung der Schöpfung müssten nicht sein. Wenn Gottes guter Geist frei gelassen werde, zeige er große Horizonte.
Von diesem Geist war auf viele andere Arten noch zu hören in und dann auch nach dem Gottesdienst. Hochkarätig musikalisch zum Beispiel im Choral „Komm Heil’ger Geist, der Leben schafft“ durch den Chor JuVokal der Jungen Kantorei unter Leitung von Tobias Landsiedel, oder eher augenzwinkernd mit dem „geistigen Getränk“ für den Empfang, gekeltert aus Äpfeln aller sieben zur Pfarrei Heilig Geist gehörenden Gemeinden.
Begeisternd auch die Darbietung des Gospelchors Neuenhain, der die Grußworte musikalisch rahmte. Inspiriert zeigte sich der evangelische Pfarrer Andreas Heidrich, der als Sprecher der evangelischen Delegation anmerkte, dass auch seine Kirche jetzt größere Räume bilde.
Das wichtigste für die Zukunft der Kirchen sei die Ökumene, ist Heidrich sicher und fragte: „Warum sollen wir nicht träumen? Wenn der Bischof sagt, wir machen eine evangelisch-katholische Großpfarrei, bin ich voll dabei.“ Dafür gab’s tosenden Applaus.
Daten und Fakten zur neuen Pfarrei
Die neue katholische Pfarrei Heilig Geist am Taunus erstreckt sich über das Gebiet der vier Kommunen Eschborn, Schwalbach, Bad Soden und Sulzbach. Sie vereint gut 15.000 Katholiken in sieben Ortsgemeinden. Pfarrer ist Alexander Brückmann, dem ein elfköpfiges Pastoralteam zur Seite steht,, zu dem zwei weitere Priester und ein Diakon gehören. Vorsitzender des Pfarrgemeinderats ist Dr. Frank Wiesemann. Die Pfarrei ist Träger von sieben Kindertagesstätten. Sie verfügt derzeit über 7 Kirchen eine Kapelle und 8 Gemeindezentren. Die Website: www.heilig-geist-am-taunus.de. babs