Chronik 2024
Chronik 2024 der Pfarrei Heilig Geist am Taunus
Das zweite Jahr unserer neuen Pfarrei Heilig Geist am Taunus geht zu Ende. Wir sind eine vereinigte Pfarrei geworden und verstehen uns gleichfalls als einzelne Gemeinden in unseren Orten. Wie das gelebt werden kann und ineinander greift, gelingt uns schon recht gut und ist doch noch in der Erprobung. Dabei ist der gute Wille und Ideen für Neues genauso hilfreich, wie die Pflege unserer Traditionen, die uns Geborgenheit und Heimat geben. Wir stecken mit unserer neuen Pfarrei sozusagen noch in den Kinderschuhen. Auch Konkurrenz- und Verteilungskämpfe zwischen den einzelnen Gemeinden ums Geld und bei der gerechten Verteilung der Gottesdienste – besonders an Tagen wie Heiligabend oder in der Osternacht - müssen noch überwunden werden.
Es darf nicht übersehen werden, dass dies alles eingebettet ist in einen fortwährenden und andauernden Wandel in der Einstellung der Menschen zu Glauben und Kirche. Es stellt sich die Frage, was wir als Kirche noch können und wozu wir da sind. Veränderungen finden statt und nicht wenige unter uns sind davon unerwartet überrascht. Entsprechend haben wir es mit Irritationen und Widerständen zu tun. Doch es gibt auch die, die sich auf Neues einlassen.
Wir dürfen bei der Beobachtung solcher Startschwierigkeiten nicht übersehen, dass wir eingebettet sind in eine Gesellschaft, deren Sorgen und Empfinden auch die unseren sind. Es scheint streckenweise, dass die Deutschen ein Einig Volk von unter Druck gesetzten Unzufriedenen sind. Viele fühlen sich materiell benachteiligt. Unzufriedenheit ist der Geschmack unseres Jahrzehnts. Das Neidgefühl machen sich dann auch einige Politiker zunutze und sie spielen mit den Abstiegsängsten der Menschen. Dabei werden auch Fremde und Flüchtlinge wieder zu Sündenböcken erklärt. Und natürlich sind wir auch nicht unberührt von den großen weltweiten Konflikten unserer Zeit, die angsteinflößend sind. Auswege aus dem Ukrainekrieg und den Kämpfen in Israel-Palästina sind noch nicht zu erkennen und es gibt auch noch keine patente Antwort auf den merklichen Rechtsruck und Ruf nach autoritären Lösungen in Europa und überall auf der Welt.
Wir tun gut daran, an die Worte unseres Ende Oktober verstorbenen früheren Bischofs Franz Kamphaus zu erinnern: „Wir Christen sollten zu erkennen geben, dass wir nicht aus dem Lamentieren über die Krise der Welt und der Kirche oder aus dem ängstlichen Zählen der Mitglieder leben, sondern aus einer vertieften Zuwendung zum Wort Gottes. … Wachsamkeit ist das Gebot der Stunde, die Haltung der Christen in dieser Weltzeit. Sind wir aufmerksam gegenüber den Täuschungsmanövern unserer Umwelt? Rütteln wir andere auf, damit sie mit uns den Herrn empfangen können? Oder ziehen wir uns, des Suchens und Wartens müde, in unsere Behausung zurück?“ (Kamphaus, Der Unbekannte aus Nazareth, S. 257f.)
Genauso, wie niemand aus der Welt davon laufen kann, können wir auch unser Christsein nicht lassen. Natürlich kam es aus Verärgerung bei einigen zum Bruch mit der Kirche und bei manchen Gläubigen dann auch zu Kirchenaustritten. Der größere Teil unserer Gemeindemitglieder erkennt die Kirche aber immer noch als hilfreich für das eigene Leben. Nur eben nicht mehr in der Form, wie sie uns jahrzehntelang vertraut war, jetzt aber nicht mehr so gut hilft. Mit der Großpfarrei hat sich auch die Arbeit der Gremien verlagert. Planungen von Veranstaltungen geschehen jetzt in den neuen Ortsausschüssen und Arbeitskreisen, während der übergeordnete Pfarrgemeinderat unter dem Vorsitz des Anfang des Jahres gewählten Herrn Bert Kirschbaum sich verstärkt mit konzeptionellen Dingen beschäftigen muss. Die Erkenntnisse der Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung aus dem Jahr 2023 gilt es für uns nutzbar zu machen. Was wollen die Menschen und wozu ist die Kirche dementsprechend heute da? Neue Arten von Veranstaltungen müssen darauf reagieren, während andere nicht mehr mit zu großem Einsatz am Leben erhalten werden dürfen.
Ich selbst baue dabei sehr auf die Fähigkeiten des Pastoralteams. Da erlebe ich neue Ideen und den Mut und die Phantasie, sie umzusetzen. Die Akzeptanz bei den Gemeindemitgliedern gibt ihnen Recht. Es ist für mich eine Freude mit anzusehen, wie neue Maßnahmen in der Kinder- und Familienarbeit gelingen, genauso wie in den Sakrametenkatechesen oder bei Erwachsenen und den Senioren. Deshalb lasse ich die Mitarbeiter:innen gerne machen und weiß, dass ich mich auf ihr Können verlassen kann. Ich selbst mache Erfahrungen im Bereich der Gottesdienste, wo es auch guttut, nicht immer beim Alten zu bleiben, sondern neue Formen und Ausdrucksweisen zu finden, die eher auf das Empfinden heutiger Menschen eingehen. Im Team neu sind in diesem Jahr Gemeindeassistentin Christina Springer und Pfarrvikar Kurian Kizhakkemalil. Er hat Pfarrer Katunda abgelöst, der nach seiner abgeschlossenen Promotion in eine Pfarrei bei Wetzlar versetzt wurde.
Es gibt aber auch ein Feld, wo deutlich wird, wie schwierig es sein kann trotz guten Willens den neuen Anforderungen gerecht zu werden. Das war in den zurückliegenden Monaten besonders in unseren Kindertagesstätten zu erleben. Selbstverständlich halten wir es für richtig, dass unsere Kirchengemeinde Kindertagesstätten betreibt und dadurch auch die Kommunen unterstützt. Nicht zuletzt die Eltern suchen bei uns bewusst auch die kirchliche Ausrichtung für eine gute Betreuung ihrer Kinder. Die Anforderungen sind allerdings in den letzten Jahren enorm gestiegen. Pädagogische, rechtliche, finanzielle und personelle Vorgaben sind immer schwerer zu erfüllen. Die Ansprüche der Eltern kommen hinzu. Ich habe hohen Respekt vor der Arbeit unserer Erzieherinnen und sehe auch, dass die Arbeit unserer beiden Kita-Koordinatoren vor großen Herausforderungen steht. Das ging nicht konfliktfrei. Wir wissen aber, dass es mit dem Beginn in einer neuen vereinigten Pfarrei auch für die Kindertagesstätten Neues und Umstrukturierungen geben muss. Den Erzieherinnen und den Kita-Koordinatoren gilt unsere Anerkennung und unser Dank.
Hier wird auch die schwierige Aufgabe des neuen Verwaltungsrates exemplarisch deutlich. Er wurde im Frühjahr neu gewählt und setzt sich seitdem aus fünf bisherigen und fünf neuen Mitgliedern zusammen. Zusammen mit der Verwaltungsleiterin und mir müssen wir uns den vielen und vielfältigen Aufgaben stellen. Die gelingende Zusammenarbeit in unseren Kindertagesstätten war dabei nur ein, wenn auch kompliziertes Thema. In Bearbeitung haben wir nach wie vor den Neubau der Kindertagesstätte St. Pankratius in Schwalbach. Hierbei kommen wir nicht so recht vorwärts, weil sich im Prozess zwischenzeitlich neue Aspekte ergeben haben. Die Wünsche der Stadt, der Eltern, der Anwohner und des Bistums müssen mit unseren Möglichkeiten als Kirchengemeinde in Einklang gebracht werden. Das ist nicht immer einfach. Hierbei und bei den vielen standardmäßigen Aufgaben in der ganzen Pfarrei sind die engagierten Verwaltungsratsmitglieder mit viel Einsatz dabei. Den werden wir auch weiter benötigen, wenn es bald in die heiße Phase der „Kirchlichen Immobilien Strategie“ (KIS) geht. Unsere Gebäude werden unter die Lupe genommen und wir müssen entscheiden, ob wir sie alle behalten können oder nicht.
Das Miteinander in unserer Pfarrei mit den sieben Gemeinden wäre nicht so lebendig, wenn nicht so viele mit Interesse mitüberlegen und mitgestalten würden. Da ist die wichtige Arbeit des Pfarrgemeinderates zu nennen, seiner Orts- und Sachausschüsse. Ihnen allen ein herzliches Dankeschön! Das sind die gewählten Gremien. Darüber hinaus engagiert sich eine viel größere Anzahl von Gemeindemitgliedern bei einzelnen Aufgaben und auch bei arbeitsintensiveren Maßnahmen. Eine Schnittstelle sind dabei unsere Damen im Pfarrbüro. Auch sie haben im Zuge der Pfarreiwerdung neuen Typs umdenken und Neues lernen müssen. Wechsel hat es auch bei ihnen gegeben. Alle sind kompetent in ihren unterschiedlichen Arbeitsbereichen und sind den Gemeindemitgliedern wie auch den hauptamtlichen Seelsorgerinnen und Seelsorgern eine große Hilfe. In diesem Zusammenhang dürfen auch unsere Küster und Hausmeister nicht vergessen werden, deren Arbeitsgebiet sich sehr erweitert hat und die die vielen kleinen und großen Dinge erledigen, die gerade anfallen. Und nicht zuletzt brauchen wir auch alle weiteren Angestellten unserer Pfarrei mit den unterschiedlichsten Aufgaben.
Wir sind als Pfarrei Heilig Geist am Taunus ein stattliches Unternehmen geworden. Da kann man schon mal den Überblick verlieren bei den vielen, die für uns arbeiten. Mehr als die Hälfte aller Angestellten arbeiten allein in unseren Kindertagesstätten. Sie alle sind da, um unsere Kirche vor Ort mit ihrer großen Anzahl an Ehrenamtlichen zu unterstützen und mit Leben zu füllen. Ihnen allen gebührt ein herzliches Dankeschön.
Unsere Kirche hier vor Ort setzt sich als Pfarrei Heilig Geist am Taunus aus sieben Gemeinden aktuell mit 14.100 Gemeindemitgliedern zusammen. Das sind leider wieder weniger, als im Jahr zuvor. Einen Rückgang der Mitgliederzahlen gibt es auch bei uns. Der anhaltende Missbrauchsskandal, Frustration mit der Unbeweglichkeit der Weltkirche in Sachen Mitbestimmung und Frauenrechten in der Kirche tragen das ihre dazu bei, dass das Bild der Kirche sich in der Öffentlichkeit wandelt. Kirchenaustritte haben wir zwar deutlich weniger, als im Jahr zuvor, aber es sind immer noch doppelt so viele, wie die 130 Verstorbenen, die wir bei uns betrauern. Wir sind keine Mehrheit mehr in der Bevölkerung und auch keine Institution mehr, die überall ungeteiltes Vertrauen genießt. Wir haben jedoch allen Grund, der Spur Jesu weiter zu verfolgen. Das Wort Gottes und seine Liebe können uns leiten, damit unser irdisches Zusammenleben gelingt. Daran können wir weiter arbeiten zu unserem und zum Wohl der Allgemeinheit. Gott helfe uns dabei. Er nehme das hinter uns liegende Jahr gnädig an und segne das neue, jetzt vor uns liegende Jahr!
Heilig Geist am Taunus, am 31. Dezember 2024
Pfarrer Alexander Brückmann